Dezember
Abends-ich war am Briefkasten, nur wenige Schritte entfernt von dort wohnen meine Eltern und während ich die Post einwerfe und nach gegenüber schaue, dorthin wo mein Onkel gelebt hat. Der, der mir laut seinem handgeschriebenen Testament, alles übergeben hätte. Dazu kam es nicht, weil meine Mutter sich als Erbin sah und ich nicht die Muße hatte einen Rechtsstreit mit meinen Eltern zu beginnen. Da schwebt mir doch tatsächlich so ein Gedanke rein, ob ich durch ihre Straße laufen soll, um einen Blick auf ihre erhellten Fenster zu erhaschen, ob sie am Esstisch sitzen, in dem Zimmer, welches früher meines war. So als würde ich durch diesen Fensterblick einen Moment von Liebe und Wärme erfahren. Und als ich da so stehe und nachdenke, erinnere ich mich an die wenigen Momente von Wärme und Liebe, aber noch viel mehr an die anderen. An die Schikanen, an das emotionale Verlorensein, an reichlich unfassbare Szenen. So drehe ich mich um und laufe in mein Zuhause, gar nicht weit weg von der Gedankenstelle, nicht weit weg von meinen Eltern, aber mein sicheres Zuhause mit einer emotional verfügbaren Menschenfrau und meinen Hunden. Koche mir einen Tee und tröste die Kleine in mir mit einem Buch. Es ist das Buch mit dem Schlaflied für Ronja Räubertochter, erschienen im Oettinger Verlag. Auf Youtube höre ich mir das Lied dazu an, der Kleinen wird wohlig und sie wird ganz ruhig und satt – nachgenährt und ich bin es auch. Selbstfürsorge